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Christiane Michel-OstertunChristiane Michel-Ostertun

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Kritik zur Uraufführung
Libretto
Libretto mit Erläuterungen
von Dorothee Löhr

Martin Luther

Oratorium für szenische oder konzertante Aufführung

Erschienen im Strube-Verlag. Erhältlich als Partitur und Klavierauszug.

Vorwort von Dorothee Löhr

Zur Entstehung

Nach einer szenischen Aufführung des selten zu hörenden Oratoriums „Jan Hus“ von Carl Löwe unter Leitung von Christiane Michel-Ostertun bei Mitwirkung aller musikalischen Gruppen und Kreise der Umgebung (2015 in der Mannheimer Epiphaniaskirche) entstand nicht nur bei mir als Gemeinde-Pfarrerin der Wunsch nach Wiederholung solch eines musikalischen gemeinde-pädagogischen Gesamtprojektes.

Das Libretto – da waren wir uns im von der Komponistin einberufenen Team schnell einig – sollte nicht allein von Luther, sondern von einer europäischen und bis heute wirkenden Reformation erzählen. Wir wollten außerdem viele Lutherlieder einbinden und zum Schluss auch die Konzerthörerschaft als „Gemeinde“ einstimmen lassen. Wir wünschten uns ein in den musikalischen Formen vielseitiges und abwechslungsreiches integratives Gesamtkunstwerk: Männer-, Frauen-, Kinderchor, Choral, volkstümlicher Tanz, Kanon, Fuge, Liturgiestücke, deutende Rezitative, wenige Sprechrollen, kleine Einwürfe für Chorsolisten und ausgewachsene Solo-Arien für vier verschiedene Stimmlagen.

Es entstanden vier Szenen, die vier reformatorische Wirkungskreise vorstellen:

1. Markt und öffentliches Leben (Wittenberg und Thesen-Anschlag. Tetzel sollte als Ablass-verkäufer nur indirekt in der Ouvertüre vorkommen, weil er nie im sächsischen Wittenberg war),

2. Politik und Religion (Wormser Reichstag, evtl. mit Statistenrolle für Landesbischof/Dekan sowie den hiesigen Bürgermeister),

3. Familie und Bildung (Luthers Tischgemeinschaft mit Nachbarschafts-Besuch Katharina Melanchthons und des Malerfreundes Lucas Cranach),

4. Gottesdienst und Kirchenmusik (Luthers Gottesdienst zur Einweihung des ersten evangelischen Kirchenbaus in Torgau mit dem Kirchenmusiker Johann Walter an der Orgel am 5. Oktober 1544).

Die allzu bekannte Szene der Entführung auf die Wartburg, die allerdings nicht fehlen durfte, haben wir verfremdet als Rückblende in die studentische und kinderreiche Tischrunde bei den Luthers eingebaut, die europäisch international beginnt und mit selbstgemachter Hausmusik endet (der aufmerksame Hörer wird EG 319 schon in weltlicher Form auf dem Marktplatz als Tanzlied hören).

Ulrike Krumm, pensionierte Lehrerin und reformierte Ältestenpredigerin, der ich aus Hamburger Zeiten verbunden bin, dichtete und verdichtete unsere Ideen aus der Ferne unglaublich schnell, professionell und unkompliziert. LKR i.R. Hartmut Greiling nahm sich als erfahrener Texter von geistlichen Kinder-Musicals besonders der letzten Szene an, wo auch das Glockengeläut - wie schon bei Carl Löwe - einkomponiert ist. Musikalische und organisatorische Erfahrungen flossen durch unsere Kantorin Claudia Stein ein, konzeptionelle und dramaturgische Aspekte durch Eva Martin-Schneider, die bereits unser Hus-Oratorium professionell inszenierte (und nebenbei auch sächsisch kann).

So entwickelte sich in einem kreativen Gruppenprozess mit der Komponistin in zahlreichen Teestunden und Mailrunden ein Libretto als Grundlage der Komposition. Es hat hoffentlich möglichst wenige historische, sprachliche oder theologische Fehler, und trägt den evangelisch-lebendigen und ansteckend-reformierenden Geist der Wittenberger Reformation weiter in unsere Zeit. Wir sind Christiane Michel-Ostertun schon jetzt dankbar für das großartige gemeinsame Schaffen und gespannt auf die Proben und die Uraufführung unter ihrer Leitung!

Mannheim, April 2016
Dorothee Löhr